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Peru
Carnaval de Aguas Calientes

Fasching in Peru - Frauen sprayen künstlichen Schnee auf den Fotografen.

Wenn man sich in fremden Ländern in den Karneval stürzen möchte, sollte man besser vorher herausfinden, worauf man sich einlässt! Möchte man beispielsweise in Peru Karneval feiern, sollte man wissen, dass man dann wahrscheinlich mit Rasierschaum eingeseift und mit Mehl paniert werden wird. Vielleicht wird man auch hinterrücks überwältigt, um ein abstraktes Gemälde ins Gesicht gemalt zu bekommen. Man sollte auf jeden Fall Wechselkleidung dabei haben, denn am Ende wird man klatschnass sein. Aber keine Sorge, die Wasserschlacht zum Karneval ist ein riesiger Spaß und obendrein ein liebenswerter Schlagabtausch zwischen Männer und Frauen - mit einem eindeutigen Ausgang.  

Ort der Fotoaufnahmen: Aguas Calientes
Koordinaten: 22°37'11.4"N 97°18'01.6"E

Wer in Südamerika die legendäre Inka-Stadt Machu Picchu besucht, kommt an Aguas Calientes nicht vorbei. Das Örtchen liegt am Fuße des heiliegen Berges und ist voll und ganz auf die täglich tausenden UNESCO-Weltkulturerbe-Touristen eingestellt. Hunderte Restaurants, Souvenirstände und Hotels pressen sich dort in die Sohle des Urubambatals entlang des Willkamyu-Flusses.

Als ich am Tag nach meinem Besuch des Maccu Picchus früh am Morgen in Aguas Calientes die Augen aufschlug, spürte ich nicht nur meine Füße, die am Vortag mächtig zu tun hatten, sondern auch ein sehr eindeutiges kulinarisches Verlangen. Das Verlangen hieß: Scho-ko-la-den-kuch-en! Süßkram gab es in Peru zwar an jeder Straßenecke, aber so ein Stück Schoko-Brownie, Schoko-Muffin oder eben Schokoladenkuchen hatte ich schon seit Wochen nicht mehr verputzt. Ich erkundigte mich bei meiner Vermieterin nach einer entsprechenden "Spezial"-Bäckerei und marschierte sodann im Getümmel der Einheimischen durch die engen Gassen hinunter zum Fluss.

Auf dem Weg ins Tal bogen die Einheimischen an einer kleinen, unbedeutenden Kreuzung plötzlich links und rechts ab, obwohl der kürzeste Weg ins Tal weiter geradeaus führte. Ich dachte mir nichts dabei und lief weiter geradeaus. Ich wunderte mich noch kurz, warum der Fußweg an dieser Stelle so nass war, als mich plötzlich eine Wasserbombe im Nacken traf. Eine zweite und dritte Bombe verfehlten mich nur knapp. Ich sprang an die nächste Hauswand und fand Deckung unter einem Balkon. Ich lunschte nach oben, wo sich auf einem Balkon gegenüber mindestens ein Duzend Kinder verschanzt hatten und arglose Erwachsene mit Wasser befüllten Luftballons beschossen. Bevor ich das nächste ahnungslose Opfer warnen konnte, war auch dieses klatschnassund ziemlich orientierungslos. Ich winkte den Mann zu mir herüber, während die Kinder auf dem Balkon offenbar begannen, Siegesgesänge anzustimmen.

Eine Tür öffnete sich und eine ältere Dame reichte uns ein Handtuch. Sie entschuldigte sich bei mir für die Kinder, denen eigentlich strikt untersagt sei, auf Touristen zu schießen. Ich schmunzelte über die liebe Rücksichtnahme und gab ihr zu verstehen, dass ich wohl besser hätte aufpassen sollen. Die Dame erklärte mir, dass die Wasserschlacht zum Karneval dazugehört und eine besondere dieser Art auf dem Sportplatz stattfindet. Meine Augen und Ohren weiteten sich bei diesem Stichwort, versprach doch "eine Schlacht" ein paar fotografisch reizvolle Aufnahmen. Ich bedankte mich und schlich an der Hauswand zurück aus der Gefahrenzone. Ich ließ den Schokoladenkuchen links liegen, holte meine Kamera und visierte den Sportplatz an ...

 

Im Übrigen: Der weiße Schaum in den Gesichtern der Karnevalisten, der sehr an Rasierschaum erinnert und auch danach schmeckt, kommt aus Spraydosen, die sich "Nieve Artificial Para Cotillón" nennen, was man mit "Party-Kunstschnee" übersetzen kann. Darin befindet sich ein halber Liter Schaum. Zum Karneval findet man diese Spraydosen von Kolumbien bis Argentinien mitunter palettenweise auf den Straßenmärkten und in den Kaufhäusern. Empfohlene Kampfentfernung: ab 1,5 Meter; beste Kampfentfernung: deutlich darunter ... ;-)